Bitte lachen Sie jetzt - vom Umgang mit Humor
Professionelle Dolmetscher arbeiten mit dem Anspruch, das Gesagte vollständig, richtig und neutral in die Zielsprache zu übertragen. Sie werten nicht, sie filtern nicht – so sieht es das Berufsethos vor. Aber was ist, wenn der Redner einen Witz macht, der in der Ausgangssprache gut funktioniert, beim Zielpublikum aber wahrscheinlich auf irritierte Blicke oder Schulterzucken stößt? Der durch kulturelle Unterschiede für die Zuhörer nicht nur wenig witzig, sondern sogar verstörend wirken könnte? In diesem Fall greifen Simultandolmetscher auf verschiedene Strategien zurück:
„Germans find this funny“
Grundsätzlich gilt: Witze sind eine große Hürde für Dolmetscher. Die Ankündigung „Jetzt werde ich einen Witz erzählen“ jagt jedem Konferenzdolmetscher einen Schauer über den Rücken. Dolmetscher, die bereits einmal von einem Witz auf dem falschen Fuß erwischt wurden, wünschen sich vielleicht so etwas wie einen „Witzedetektor“ – ein Tool, das einen unübertragbaren Witz schon in der Anbahnung erkennt und einen passenden Witz in der Zielsprache bereitstellt.
In der Praxis wird sich jeder Dolmetscher darauf konzentrieren, nach einem wirkungslosen Witz elegant weiter zu dolmetschen, ohne die Zuhörer zu irritieren. Damit dies reibungslos gelingt, ist manchmal eine kurze Nebenbemerkung nach dem Motto „Germans find this funny“ nötig, um souverän fortfahren und sich wieder auf die wesentlichen Inhalte der Rede konzentrieren zu können.
„Bitte lachen Sie jetzt“
Eine weitere Möglichkeit: Dolmetscher versuchen erst gar nicht, den Witz widerzugeben, sondern klären das Publikum darüber auf, dass gerade ein Witz gemacht wurde und fordern die Zuhörer mit dem Satz „Bitte lachen Sie jetzt“ zum Mitlachen auf. Dieser Trick wird insbesondere angewandt, wenn das Publikum aus einem komplett anderen Kulturkreis kommt als der Redner.